Nur eins von 20 KI-Projekten hat Erfolg: Diese fünf Mythen sind schuld

Die Gewinnchance in einer Lotterie liegt typischerweise bei eins zu zehn Millionen – oder schlechter. Eine Lotterie mit 5-prozentiger Aussicht auf einen Millionengewinn wäre fantastisch, doch so eine gibt es nicht. Bei der Einführung von KI in Unternehmen liegen die Erfolgschancen laut einer MIT-Studie derzeit bei 5 %. Untersucht wurden mehr als 300 KI-Projekte in 52 Firmen (MIT, S. 2). Das ist niederschmetternd: Nur ein Projekt von 20 gelang! Milliarden an Kosten verschwanden ohne zählbaren wirtschaftlichen Nutzen (MIT, S. 3).

Warum ist das so? Die Gewinner-Projekte entwickelten maßgeschneiderte Lösungen für die Bedürfnisse der Nutzer im Geschäftskontext (MIT, S. 3), die Loser-Projekte dagegen nicht.

Diese fünf Mythen sabotieren den Erfolg der KI-Integration in Unternehmen. Sie zu durchschauen – und das Vorgehen entsprechend anzupassen – ist der erste Schritt, um die eigenen Erfolgsaussichten deutlich zu erhöhen.

Mythos 1: „Die aktuelle KI ist einfach nicht zuverlässig genug für unsere praktischen Bedürfnisse.“

Die Realität: Dieser Gedanke schiebt die Verantwortung auf die Technologie. Aber die Fakten erzählen eine andere Geschichte. Wäre die Technologie selbst das Problem, gäbe es gar keine Gewinner. Doch die MIT-Studie zeigt klar, dass 5% der Projekte außergewöhnlich erfolgreich sind (MIT, S. 3). Das ist wie in der Schule: Auch bei einer extrem schweren Klassenarbeit gab es immer einen oder zwei Schüler, die eine perfekte Note bekamen.

Das Problem liegt nicht an der Reife der Technologie, sondern am Missverständnis darüber, was KI eigentlich ist und wo ihre Stärken liegen (MIT, S. 3). Im Kern ist jede KI – egal wie ausgefeilt – ein Instrument zur Verarbeitung von Informationen. Ihr einziger Job ist Datenverarbeitung; sie soll bestimmte Informationen liefern. KI selbst kann gar nichts ohne Hilfe. Sie kann keine Maschine steuern, keine Buchung vornehmen oder Entscheidungen treffen. Sie kann das alles nur vorbereiten, indem sie Info an ein Gerät oder einen Akteur liefert, der die Handlung ausführt, so wie unser Gehirn die Hand beim Kaffetrinken steuert.

Die Schlussfolgerung: Der einzig passende Ort für den Einsatz von KI in einem Geschäftsprozess, ist ganz am Anfang – bei der Bereitstellung von Informationen. Die erfolgreichen 5% haben keine bessere KI. Sie setzen sie nur richtig ein: an diesem einen kritischen Punkt, in der Informationsversorgung.

Mythos 2: „Wir brauchen ein ‚Leuchtturmprojekt‘, um unsere Mitarbeiter zu überzeugen.“

Die Realität: Erfolge müssen natürlich vorgewiesen werden. Aber müssen die Mitarbeiter überhaupt noch von der Power der KI überzeugt werden? Laut der MIT-Studie nutzen Mitarbeiter in über 90% der befragten Unternehmen schon regelmäßig persönliche KI-Tools für Arbeitsaufgaben (MIT, S. 8). Aber sie müssen noch davon überzeugt werden, dass KI auch in ihrem Arbeitsumfeld zuverlässig funktioniert und mehr kann als einfache Recherchen machen oder Mails schreiben. In den meisten Unternehmen fehlt dieser Beweis bisher.

Ein gut vorbereitetes Leuchtturmprojekt in einer entfernten Abteilung kann kein Vertrauen aufbauen. Besser als ein großer Leuchtturm ist eine überschaubare Lösung, die ein echtes Problem in der täglichen Arbeit löst.

Mythos 3: „Wir müssen Top-KI-Experten einstellen, um erfolgreich zu sein.“

Die Realität: KI-Expertise ist notwendig. Aber Experten für die eigenen Bedürfnisse und Workflows der Firma sind noch wichtiger. Das Motto lautet: Zuerst die Firma, dann die KI an zweiter Stelle. Ein KI-Modell, das die Feinheiten der internen Prozesse nicht versteht, ist praktisch wertlos. Unternehmen brauchen externe KI-Partner, die ihre interne Geschäftsmechanik verstehen. Laut der MIT-Studie entstehen die erfolgreichsten Projekte oft aus Kooperationen mit externen Partnern, die anfangs kein Kontextwissen haben. Sie musst genau zuzuhören und sich tief in die Arbeitsweise der Kunden einarbeiten (MIT, S. 19). Diese Einstellung eröffnet auch große Chancen für die interne IT-Abteilung: Sie kann sich von der reinen Unterstützung zu einem strategischen Partner für die Geschäftseinheiten entwickeln und die Brücke zur externen KI-Welt schlagen.

Mythos 4: „Wir müssen unsere Mitarbeiter ‚mitnehmen‘ auf die KI-Journey.“

Die Realität: Das klingt nach gutem alten Management, mit Betonung auf alt. Die Top-Down-Ansicht suggeriert, dass das Management den Weg kennt und die Mitarbeiter nur mitziehen müssen. Bei der Einführung von KI klappt das nicht. Wer versucht, eine clevere KI-Lösung von oben herab einzuführen ohne sie VORHER gemeinsam mit den Mitarbeitern entwickelt zu haben, erlebt sein blaues Wunder. Das ist, wie ein neues Teil in ein fein abgestimmtes Uhrwerk zu pressen. Das Uhrwerk geht kaputt. Die Mitarbeiter sind längst mit KI unterwegs. In der „Schatten-KI-Ökonomie“, nutzen sie bereits privat finanzierte Tools am Arbeitsplatz (MIT, S. 8). Die Manager sollten nicht die Mitarbeiter motivieren, auf die KI-Reise mitzugehen. Sie sollten lieber die laufenden KI-Initiative in den Teams fördern, so klein sie auch sein mögen. Sie sollten fragen, welche Tools die Teams schon nutzen und wofür und was bisher dabei herauskommt. Diese Energie lässt sich in eine unternehmensweite Strategie kanalisieren, die Gewinn bringt– statt mit Use-Case-Lotterie-Tickets zu zocken.

Mythos 5: „Wir müssen eine In-House-KI-Lösung bauen, um erfolgreich zu sein.“

Die Realität: Natürlich muss die KI-Lösung zu den internen Bedingungen passen. Aber das muss keine Eigenentwicklung sein. Nach der MIT-Studie scheitern intern gebaute Lösungen doppelt so oft wie die von externen Partnern (MIT, S. 19). Der Schlüssel liegt in der Bauweise. Die erfolgreichen 5% nutzen angepasste KI-Lösungen. Sie ist ein Begleiter, der aus Feedback lernt und sich kontinuierlich anpasst, statt die Mitarbeiter zu zwingen, sich dem KI-System anzupassen (MIT, S. 14).

Schlussfolgerung

KI sieht aus wie Software, fühlt sich an wie Software, wird meist implementiert wie Software und scheint auch wie Software zu arbeiten. Aber sie ist weit mehr als bloße Software – sie ist ein Game-Changer für das Informationsmanagement in Workflows. Die erfolgreichen Unternehmen haben das verstanden und nutzen KI entsprechend.

Wer KI wie Software managt, erlebt chaotische Prozesse, verärgerte Mitarbeiter oder sogar negative wirtschaftliche Effekte.

Wer KI als lernenden Partner in den Informationskern der eigenen Prozesse integriert, sichert sich die Zukunft – mit besten Chancen auf dem Markt.

Über den Autor

Silvio Gerlach (SilvioGerlach.com) ist KI-Integrations-Experte, Trainer & Coach. Er unterstützt Unternehmen dabei, KI erfolgreich in ihre Workflows zu integrieren. Sein aktuelles Buch „Leverage, Not Lottery! – How to Make AI Work for Business“ erscheint Ende Oktober 2025.

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